Während unserer Reise durch das peruanische Altiplano machen wir in Santo Tomás halt und überlegen, welche Route wir als Nächstes fahren. Als wir auf iOverlander nachsehen, entdecken wir eine Markierung für eine abgelegene Strecke, die viermal auf über 5000 Meter führt. Es ist ein Umweg zum Colca Canyon, der zwar nicht ganz auf unserer Route liegt, aber einfach zu verlockend klingt, um ihn auszulassen. So entscheiden wir uns für diesen spannenden Abstecher auf der 4×5000 Route, eine der beeindruckendsten Offroad-Strecken in den Anden.

Tag 1: Akklimatisieren auf 4300 Metern

Von Santo Tomás geht es stetig bergauf. Wir passieren einige kleine Bergdörfer. Ab einer Höhe von 4000 Metern flacht die Landschaft zu einer Hochebene ab. Die Strecke führt zunächst gemächlich weiter, steigt aber bald kontinuierlich auf 5000 Meter an und verläuft bis kurz vor Orcopampa durchgehend auf einer Höhe von 4650 bis 5000 Metern. Da wir mindestens eine Nacht auf dieser Höhe verbringen müssen, aber noch nicht akklimatisiert sind, entscheiden wir uns für einen kurzen ersten Fahrtag. Wir suchen uns einen Übernachtungsplatz auf der Hochebene und finden einen wunderschönen Platz direkt am Hang, mit atemberaubendem Blick ins Tal. Nach nur 35 Kilometern Fahrt halten wir also um 12 Uhr an. Nach den vielen Fahrtagen der letzten Wochen genießen wir den entspannten Nachmittag, endlich einmal ohne Fahren. Die Zeit nutzen wir, um Mats Haare zu schneiden, Pizza und Brot zu backen.

Tag 2: Über die Pässe 1&2 der 4×5000 Route nach Huacullo

Am zweiten Tag wird die Strecke durch das peruanische Hochland abenteuerlicher. Für etwa drei Kilometer befindet sich die Straße in sehr schlechtem Zustand. Große Steine machen das Fahren mühsam, und immer wieder ziehen sich Risse längs durch die Straße. Mehrmals steige ich aus und laufe lieber hinterher, obwohl Mats meint, dass unser Puch damit problemlos klarkommt.

Glücklicherweise liegt dieses schwierige Stück bald hinter uns. Auch wenn die Straße danach nicht wirklich gut wird, ist sie zumindest besser befahrbar. An einigen Stellen können wir sogar zügig fahren, doch meist müssen wir Schlaglöcher umfahren und kommen nur mit etwa 20 km/h voran.

Auf unserer Fahrt durch das peruanische Hochland passieren wir mehrere kleine Hirtendörfer und sind jedes Mal erstaunt, in dieser abgelegenen Gegend Menschen und Alpakas zu sehen. Nach 79 Kilometern erreichen wir zum ersten Mal eine Höhe von über 5000 Metern und überqueren kurz darauf den ersten Pass der 4×5000 Route auf 5096 Metern. Wir nutzen die Gelegenheit, um die Drohne steigen zu lassen – ein perfekter Moment, um die spektakulären Aussichten über das Andenhochland festzuhalten. Trotz der Höhen- und Windwarnungen fliegt sie sicher wie ein Andenkondor. Nur 9 Kilometer weiter, bei Kilometer 88 seit Santo Tomás, überqueren wir den zweiten Pass auf 5016 Metern Höhe.

Gegen 16 Uhr, erreichen wir das abgelegene Dorf Huacullo. Auf den engen, kurvigen Bergstraßen ist es oft schwierig, einen geeigneten Stellplatz für die Nacht zu finden, da die Straßen oft entlang steiler Hänge verlaufen. Spätestens um 17 Uhr wird es bitterkalt, und auf 4700 Metern Höhe entscheiden wir uns, im Dorf zu übernachten.

Wie in den meisten Dörfern in den peruanischen Bergen gibt es auch hier ein kleines Restaurant, und das typische Gericht ist Forelle mit Reis und Pommes. Die freundliche Besitzerin zaubert uns eine köstliche Forelle und die besten Pommes, die wir seit Langem hatten – frisch aus Kartoffeln zubereitet. Auf unsere Frage, ob wir im Dorf parken dürfen, lädt sie uns ein, direkt an ihrer Hauswand zu parken. Am Abend kommt das halbe Dorf vorbei, um mit uns zu plaudern. Touristen sind hier selten, und die Dorfbewohner sind neugierig, woher wir kommen und wohin wir unterwegs sind. Alle sind unglaublich freundlich, und wir fühlen uns sehr wohl. So endet unser Tag in Huacullo, wo wir auf 4700 Metern überraschend gut schlafen.

Tag 3: Über Pass 3 & 4 der 4×5000 Route und durch Mienen

In der Nacht hat es stark zugezogen, und ein dichter Schleier hängt über dem kleinen Dorf Huacullo. Die Scheiben unseres Fahrzeugs sind mit dicken Eisblumen bedeckt. Glücklicherweise müssen wir am Ende doch nicht kratzen, denn obwohl die Sonne noch nicht vollständig durchkommt, wärmt sie bereits genug, um das Eis von den Scheiben zu schmelzen.

Als wir losfahren, scheinen die meisten Dorfbewohner noch in der Wärme ihrer Häuser zu verharren. Doch kurz nach dem Dorf lichtet sich der Nebel, und die dichte Nebelwand bleibt hinter uns zurück.

Heute überqueren wir die nächsten beiden Pässe auf der 4×5000 Route. Den dritten Pass erreichen wir bei Kilometer 130 auf 4966 Metern, den vierten Pass 30 Kilometer später, bei Kilometer 160, auf 5070 Metern Höhe. Es war wohl jemand zu optimistisch. Eigentlich müsste die Route als 3×5000 Route heißen.  Kurz nach dem Pass erreichen wir die Miene Arcata, durch die wir hindurchfahren müssen. Ein freundlicher Sicherheitsbeamter nimmt unsere Daten auf – Kennzeichen, Namen und Passnummer – und wir dürfen passieren. Die Mine wirkt fast verlassen, zumindest heute scheint hier niemand zu arbeiten. Nach etwa 10 Minuten erreichen wir den Aussgang der Minenstraße, wo uns ein zweiter Sicherheitsbeamter durchlässt.

Von hier aus sind es nur noch 10 Kilometer bis ins Dorf Arcata. Die Straße führt entlang einer Lagune, die direkt unterhalb der Mine liegt. Was wohl alles in diesem Wasser landet?

Am Nachmittag finden wir einen guten Stellplatz am Fluss, nur wenige Kilometer hinter Orcopampa. Unser Lager liegt etwa 100 Meter abseits der Straße – zwar nicht völlig versteckt, aber viele Autos kommen hier sowieso nicht vorbei. Wir sind jetzt wieder unter 4000 Metern, unser Schlafplatz liegt auf etwa 3700 Metern Höhe. Verrückt, wenn man bedenkt, dass wir die Nacht zuvor ganze 1000 Metern höher geschlafen haben. Peru ist wirklich ein faszinierendes Land, besonders in Bezug auf die extremen Höhenunterschiede.

Tag 4: Durchs Canco Tal zur Colca Schlucht

Von unserem Stellplatz ist es nicht mehr weit bis zum kleinen Dorf Andagua, dem Ausgangspunkt für Ausflüge ins Valle de los Volcanes (Tal der Vulkane). Wir fahren allerdings nur durch, da wir wissen, dass wir die gleicheStrecke zurückfahren werden, um zum Cotahuas Canyon zu kommen.

Die Straße führt stetig bergab. Statt der kalten Höhenluft und Alpakas säumen nun Kakteen die Strecke, und Kolibrisschwirren durch die Luft. Es ist angenehm warm, und wir tauschen unsere Pullover gegen T-Shirts.

Unser Mittagsstopp befindet sich mitten in einem alten Lavafeld. Die Umgebung wirkt surreal, eine steinige Landschaft, die von alten Terrassenfeldern durchzogen ist. Woher diese Felder stammen und wann sie aufgegeben wurden, bleibt ein Rätsel – wir konnten nirgends Informationen dazu finden.

Um zur Colca-Schlucht zu gelangen, müssen wir durchs Canco-Tal. Auf iOverlander wird vor Steinschlag gewarnt, und die Canco-Schlucht ist tatsächlich ein felsiges Tal mit nur wenig Vegetation. Der tiefste Punkt der Strecke liegt auf 1398 Metern. Hier finden wir eine kleine Oase mit Feldern voller Avocados und Papayas. Insgesamt sind wir heute über 2400 Höhenmeter hinab gefahren. Ab hier führt dir Strecke wieder bergauf.

Die einspurige Serpentinenstraße schlängelt sich die Schlucht hinauf. Es ist vielleicht die beeindruckendste Schlucht, die wir auf unserer Route durchqueren. Bei Kilometer 320 passieren wir das kleine Dorf Huambo, wo sich die Landschaft wieder verändert. Die felsigen Hänge weichen den typischen Terrassenfeldern.

Von hier aus führt die Straße hinauf auf einen Pass in 4026 Metern Höhe, bevor sie langsam wieder bergab verläuft. Cabanaconde, unser Ziel für die Nacht, liegt auf 3300 Metern in der Colca-Schlucht. Nachdem wir uns bei den freundlichen Polizisten versichert haben, dass wir an der Plaza übernachten dürfen, suchen wir uns etwas zu essen und gehen früh schlafen.

Nachtrag – Valle de los Volcanes: Auf unserer Rückfahrt Richtung Cotahuasi Canyon haben wir am Aussichtspunkt Mirador Antaymarca einen Halt eingelegt. Ein kurzer, aber steiler Weg führt zu hoch zum Aussichtspunkt, der einen atemberaubenden Blick auf das Tal der Vulkane bietet. Der Parkplatz eignet sich hervorragend zum Übernachten, da er weit genug von der Straße entfernt und  von dieser aus nicht sichtbar ist. Außerdem ist es der perfekte Platz, um Kolibris  zubeobachten.

Strecke und GPX: 4×5000 Route zur Colca Schlucht

In Gaia findet ihr unsere Routenbeschreibung „4×5000 Route: Santo Tomas – Colca Canyon“ als GPX zum Download.

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Author

Ich bin Sarah. Geboren 1990 im Süden von Deutschland an der Grenze zur Schweiz. Nach dem Abi hat es mich ins Ausland gezogen für ein Jahr nach Lesotho. Zwischen Bachelor uns Master war ich dann in Südostasien reisen und habe meinen Master schlussendlich in Schweden gemacht. Nach einigen Jahren im Berufsleben, habe ich mich dann in ein Abenteuer gewagt und habe mit meinem Freund unseren Camper ausgebaut und nach Südamerika verschifft. Seither erkunden wir gemeinsam mit viel Abenteuerlust und Neugierde diesen wunderschönen Kontinent.

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